06.05.2022

Online-Diskussion: Erneuerbare Energien als Zukunft ohne russisches Gas

Die Europäische Kommission hat in ihrer Energiepolitik das Ziel formuliert, dass fast die Hälfte, nämlich 45 %, des europäischen Energiemixes aus erneuerbaren Energien stammen soll. Deutschland hat jedoch beschlossen, noch weiter zu gehen und will bis 2030 bis zu 80 % der Energie aus erneuerbaren Quellen erzeugen. Auf diese Weise wollen sich die Deutschen schneller aus der Abhängigkeit von russischem Gas befreien und ihre Klimaverpflichtungen erfüllen. Vor allem Wind- und Solarenergie sollen die Grundlage der neuen Energiepolitik bilden. Inwieweit sind diese Ambitionen realistisch? Können sie als schnelle Lösung für den Fall des russischen Lieferstopps herhalten? Der Europaabgeordnete Martin Hojsík diskutierte dieses Thema mit Eva Mihočková, Chefredakteurin von zahranicnapolitika.sk.

 

Im Jahr 2020 betrug der Anteil der erneuerbaren Energien in Deutschland rund 20 % der gesamten Stromerzeugung, was mit der Slowakei vergleichbar ist. Von 20 % auf 80 % ist ein großer Sprung. Der Europaabgeordnete Martin Hojsík erklärt, dass neben der Notwendigkeit, die Klimakrise zu bewältigen, das deutsche Verfassungsgericht auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse und der Pariser Verpflichtungen die deutsche Regierung aufgefordert hat, das Klimagesetz so zu ändern, dass bereits im Jahr 2045 Kohlenstoffneutralität erreicht wird. Deutschland sieht erneuerbare Energie zudem als Chance, ein Vorreiter bei der Entwicklung und Produktion nachhaltiger Technologien zu werden. Die Investition in grüne Energie, so der Abgeordnete weiter, verschaffe Deutschland einen technologischen Vorsprung und damit Profit für die exportorientierte deutsche Wirtschaft.

Aber es gäbe noch immer eine verzerrte Sichtweise: "Warum etwas ändern, wenn der Rest der Welt, insbesondere die größten Umweltverschmutzer, nichts tun". Martin Hojsik zufolge herrscht in Europa die naive Vorstellung, dass wir viel für die Umkehrung der Klimakrise tun und andere nichts tun. So hinkt Europa bei der Entwicklung der Elektromobilität hinter China und den USA her und könnte seine Führungsposition in der Automobilindustrie verlieren. Wie Martin Hojsík betont, ist das meistverkaufte Auto in Europa derzeit das Tesla Model 3.

Die Investitionen in erneuerbare Energiequellen sind in der Slowakei sehr gering, trotz des genehmigten Erneuerungsplans, der auch Reformen und Investitionen in die grüne Wirtschaft vorsieht. Martin Hojsík sieht das größte Problem bei der Beschaffung von Finanzmitteln und der Entwicklung von grüner Energie in den enormen bürokratischen Hindernissen seitens des Staates und der komplizierten Gesetzgebung. Seiner Meinung nach mangelt es  der Slowakei am politischen Willen, grüne Themen zu fördern und Verpflichtungen einzugehen. Deutschland zeige, dass der Wandel in greifbare Nähe rücke, wenn der politische Wille da sei und mit der Zivilgesellschaft und der Wirtschaft zusammengebracht werde.

Die derzeitige Debatte in der Slowakei über Alternativen zum russischen Gas befasst sich eher mit alternativen Erdgasquellen als mit erneuerbaren Energien. Es ist nicht realistisch, Gas bis zum nächsten Winter durch grüne Energie zu ersetzen. Dazu trägt auch die Subventionsregelung bei, dieso gestaltet ist, dass sie die Nutzung von Gas Wärme- und Stromerzeugung fördert.

Photovoltaik hat zusammen mit Geothermie das größte Potenzial unter den erneuerbaren Energiequellen in der Slowakei. Da derzeit fast alle Phootovoltaikmodule aus China importiert werden, stellt sich jedoch die Frage, ob wir eine neue Abhängigkeit schaffen. Wie MdEP Hojsík erklärt, sei die Abhängigkeit von russischem Gas nicht mit der Abhängigkeit von chinesischen Photovoltaikmodulen zu vergleichen, da diese nur einmal (für mehrere Jahrzehnte) gekauft werden können, während wir jeden Tag Gas kaufen. Außerdem "dreht China den Hahn nicht zu". Letztlich ist die grüne Energie die Grundlage für unsere Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen im Allgemeinen. Wann wir diese Unabhängigkeit erreichen, hänge allein von uns ab.

Sie können die vollständige Aufzeichnung der Debatte HIER ansehen.

 

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