Das zweite Treffen der Arbeitsgruppe zur grünen lokalen Energie fand am 25. und 26. Juni statt und setzte die Projektarbeit zur Förderung der Nutzung lokaler natürlicher Energiequellen durch Kommunen und Städte der Slowakischen Republik fort. Vertreter_innen von zwölf Gemeinden und Städten aus den Bezirken Rožňava, Kežmarok, Rimavská Sobota, Prievidza und Nitra nahmen an Vorträgen von Umweltexpert_innen der österreichischen Energieagentur und des führenden europäischen Energie-Think-Tanks E3G - "Third Generation Environmentalism" teil. Das Treffen beinhaltete auch praktische Demonstrationen von hochpassiven Bauten in Bratislava und der österreichischen Stadt Gänserndorf sowie ein Gespräch mit dem Bürgermeister von Bruck an der Leitha und dem Manager des Energieparks Bruck an der Leitha, wo sich ebenfalls ein führendes Projekt auf dem Gebiet der erneuerbaren natürlichen Energie befindet.
Im Rahmen des ersten Vortrags stellte Shruti Athavale aus Wien das E5-Programm für energieeffiziente Gemeinden vor, mit dem Maßnahmen zur Steigerung des Anteils der nachhaltigen Nutzung ökologischer Energiequellen nicht nur von österreichischen, sondern auch von deutschen, schweizerischen und polnischen Städten und Gemeinden unterstützt und evaluiert werden sollen. In Österreich wird dieses Programm im Rahmen der Initiative „Klimaschutz“ des Bundesministeriums für Nachhaltigkeit und Tourismus umgesetzt und mitfinanziert. In diesem Programm werden Städte und Gemeinden in allen Phasen der Umsetzung grüner Energielösungen unterstützt – von der Vorbereitung der Energiestrategie bis zur tatsächlichen Umsetzung von Projekten und deren Bewertung im Rahmen des „European Energy Award“. Gleichzeitig präsentierte S. Athavale einige Good Practice-Beispiele aus österreichischen Städten sowie die Website www.e5-gemeinden.at, die rund 2000 Beispiele ökologischer Energiemanagementlösungen von Städten und Dörfer beinhaltet.
Ada Ámon, Mitarbeiterin des europäischen Think Tanks E3G, präsentierte den Teilnehmer_innen Erfahrungen, Nutzen und Problemfelder der deutschen Energiewende, also den Übergang deutscher Wirtschaft und Gesellschaft zu erneuerbaren Energien. Bereits im Jahr 2016 betrug der Anteil der erneuerbaren Energien am deutschen Energiemix fast 30%, wobei Kohle bereits weniger als 17% der deutschen Energiebasis ausmachte. Den größten Anteil an natürlichen Ressourcen in Deutschland hat die Windenergie, nämlich 12,3%. Bemerkenswert an der großen Energiewende in Deutschland ist die Tatsache, dass die massive Unterstützung von Bund und Ländern mit einer Reihe von Instrumenten und Maßnahmen unter anderem dazu geführt hat, dass die ursprünglichen Hauptakteure des deutschen Energiesektor, die s.g. Big Four (RWE / innogy, E.ON, Vattenfall, EnBW) auf etwas mehr als 5% zurückgingen, was auch den politischen Einfluss dieser Akteure auf die Energiepolitik des Landes verringerte. A. Ámon sagte jedoch auch, dass es wichtig sei, mit der Öffentlichkeit über erneuerbare Energien und deren Kosten zu sprechen, da dies der einzige Weg ist, um der Verbreitung verschiedener Fehlinformationen vorzubeugen und letztendlich zur nachhaltigen Etablierung der erneuerbaren Energien im Energiemix der Länder beizutragen.
Juraj Zamkovský, Direktor des Vereins CEPA-Freunde der Erde und einer der Mitbegründer des Projekts Grüne lokale Energie, konzentrierte seinen Vortrag auf eine Zusammenfassung der spezifischen wirtschaftlichen und ökologischen Vorteile des Übergangs von Städten und Dörfern zu lokalen oder regionalen erneuerbaren Energiequellen. Als positiv bewertete er eine zumindest rhetorische Wandlung der höchsten Staatsfunktionäre der Slowakischen Republik, nämlich Präsidentin Z. Čaputová und Ministerpräsident P. Pellegrini zur Bedrohung des Klimawandels, hob Beispiele für bewährte Verfahren in der Slowakei und die Tatsache hervor, dass ein großer Teil der EU-Mittel nach 2020 gerade für ökologische Energie bereitgestellt wird. Dies bedeutet, dass diejenigen Gemeinden und Städte, die auf diese Herausforderungen und Projekte vorbereitet sind, einen großen Vorteil haben werden. Hier wies er jedoch auf die größten aktuellen Mängel hin, nämlich auf den Mangel an Personal, also die Fachkompetenz für ein ökologisches Energiemanagement der Kommunen sowie die mangelnde Energieerziehung, insbesondere an weiterführenden Berufsschulen und kritisierte auch die allgemeine Ausrichtung der slowakischen Gesellschaft auf wirtschaftliches Wachstum. J. Zamkovsky identifizierte als tragende Notwendigkeit sogenannte nachhaltige Energiezentren auf der Ebene der slowakischen Regionen mit ausreichenden fachlichen Kapazitäten zu etablieren, die in Bezug auf ihre finanzielle Sicherheit langfristig nachhaltig wären, da sie sonst eine Verschwendung von Ressourcen oder persönlichem Engagement darstellen könnten.
Der zweite Begründer des Projekts Grüne lokale Energie, der ehemalige Bürgermeister von Bratislava Milan Ftáčnik, präsentierte den Teilnehmer_innen die Möglichkeiten und Beispiele für Energieplanung im Rahmen des Weltbürgermeisterkonvents für Klima und Energie, an dem derzeit mehr als 9600 Gemeinden aus 59 Ländern beteiligt sind. Neben verschiedenen Politiken, Instrumenten oder Anpassungsplänen für den Klimawandel im Bereich des kommunalen Verkehrs-, Gebäude- oder Abfallmanagements, die von Städten gemacht werden, präsentierte M. Ftáčnik auch konkrete Beispiele aus europäischen Städten, z.B. das Berliner Solaratlas-Projekt, bei dem die Stadt mithilfe der Drohnenbenutzung optimal nutzbare Bereiche auf Dächern von Gebäuden für die Installation von Solar- oder Photovoltaikmodulen identifizierte.
Während des ersten Tages absolvierten die Teilnehmer_innen auch eine Exkursion in das Petržalské Dvory-Projekt in Bratislava, welches zu den ersten seiner Art auf dem Gebiet der Energieeinsparung in der Slowakei gehört. Den Teilnehmer_innen wurden die konkreten architektonischen, wirtschaftlichen und ökologischen Parameter der Energielösungen vorgestellt, wobei insbesondere das Heizsystem über Erdkollektor und Luftrückgewinnung im Vordergrund stand. Die Anschaffungskosten einer Wohnung in diesem Wohnungsprojekt sind neben einer spürbaren Energieeinsparung vergleichbar mit Gebäuden der konventionellen Bauweise.
Am zweiten Tag des Treffens fuhren die Teilnehmer_innen in die österreichischen Städte Bruck an der Leitha und Gänserndorf. Der Bürgermeister von Bruck an der Leitha Gerhard Weil und der Manager des Energieparks Bruck an der Leitha Norbert Koller stellten die Ergebnisse von Projekten vor, die die Stadt und Region in 25 Jahren konsequenter Umsetzung umweltfreundlicher Energielösungen in den Bereichen Wind, Biomasse, Biogas und Photovoltaik erzielt haben. Ein Beispiel: Mit 53 Windenergieanlagen im Energiepark kann die Stadt heute 120.000 Haushalte mit Strom versorgen. Außerdem seien diverse Initiativen im Bildungsbereich wichtig: In Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Wien startete 2005 ein Masterstudium, an dem 200 Studierende aus 30 Ländern, inklusive der Slowakei teilgenommen haben.
Nach dem Aufstieg auf die Windenergieanlagen-Aussichtsplattform im Energiepark Bruck an der Leitha unternahmen die Teilnehmer_innen einen abschließenden Ausflug in den Wolkenschiff-Kindergarten in Gänserndorf. Dank der Installation von Photovoltaik-Modulen auf dem Dach des Gebäudes sowie der Installation einer Wärmedämmung der Wände und einer Wärmepumpe für den Heizungsbedarf wird mehr Strom erzeugt, als verbraucht wird. Den Überschuss liefert es an das öffentliche Netz bzw. liefert Strom für die Nutzung von Elektrofahrzeugen im Dorf.
Das zweite Treffen des Projekts „Grüne lokale Energie – Ein Weg für die Slowakei. Beispiele guter Praxis“ bot den Teilnehmer_innen die Möglichkeit im Rahmen von sechs Vorträgen und Diskussionen mit Expert_innen aus Österreich, Deutschland und der Slowakei sowie drei Exkursionen und praktischer Demonstrationen von Umweltenergieprojekten in Bratislava und Österreich mehr über dieses wichtige Thema zu erfahren. Das Projekt wird im Herbst im Osten der Slowakei fortgesetzt.
Nachfolgend finden Sie nützliche Links sowie die Präsentationen unserer Expert_innen.
Maróthyho 6 81106 Bratislava
+421 2 54 41 12 09+421 2 54 41 18 80
slovakia(at)fes.de
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