26.04.2022

Diskussionsreihe "Grüne Vision für die Slowakei": Wie können wir die Slowakei vor steigenden Energiepreisen schützen?

Der Krieg in der Ukraine hat die Frage unserer und Europas Abhängigkeit von russischem Gas aufgeworfen, zusätzlich verschärfen Inflation und steigende Energiepreise das lange vernachlässigte Problem der Energiearmut und -gefährdung. Bei der ersten Veranstaltung in einer Reihe über grüne Visionen für die Slowakei waren dies die zentralen Themen der Diskussion.

Obwohl in den letzten Jahren in der Slowakei zunehmend über Energiearmut gesprochen wird, werfen die Zuständigen das Thema immer noch wie eine heiße Kartoffel hin und her. Aus diesem Grund gibt es in der Slowakei noch keine anerkannte Definition der Energiegefährdung, keine zuständigen Behörden und auch keine konkreten Schritte und Lösungen, um der betroffenen Bevölkerung zu helfen. Über das Thema Energiearmut und steigende Energiepreise diskutierten Dušana Dokupilová, Forscherin am Institut für Prognosen der Slowakischen Akademie der Wissenschaften, Petra Čakovská, Vizepräsidentin der Gesellschaft für Verbraucherschutz (S.O.S.), Juraj Adamica, Manager für Nachhaltigkeit und Regulierungsfragen bei SPP, und Jiří Koželouh, Experte für Energie und Klimawandel von der Umweltbewegung Duha aus der Tschechischen Republik. Moderiert wurde die Diskussion von Daniela Piršelová, Gründerin der Klimakonferenz Slowakei und Beraterin für Klimakrisenkommunikation des slowakischen Städteverbands.

In den vergangenen Jahren wurde das Problem der Energiearmut nicht angegangen, weil nur eine kleine Anzahl von Menschen betroffen war. Heute sind weit mehr Menschen von Energiearmut bedroht als früher. Ähnlich wie in der Slowakei fehlt es in der Tschechischen Republik an gezielten und weit verbreiteten Maßnahmen. Anders als in der Slowakei gibt es in der Tschechischen Republik zwar eine Definition des Begriffs "schutzbedürftiger Kunde", doch ist diese noch immer nicht in den Rechtsvorschriften enthalten, was laut Jiří Koželouh dazu geführt hat, dass der Staat nur langsam auf Preiserhöhungen reagiert und die Hilfe nicht zielgerichtet ist.

Nach Angaben des slowakischen Statistikamtes sind im Jahr 2020 600.000 Menschen in der Slowakei von Einkommensarmut bedroht (kinderreiche Familien, Alleinerziehende, Arbeitslose, Behinderte, allein lebende Menschen und insbesondere ältere Menschen in ländlichen Gebieten). Da es in der Slowakei noch keine Definition von Energiearmut gibt, stützt die S.O.S. ihre gezielte Hilfe vor Ort auf diese Daten. Paradoxerweise sehen sich viele der von Energiearmut betroffen Menschen nicht als von Energiearmut bedroht an, da sie über die finanziellen Mittel verfügen, um die hohen Strom- und Heizungsrechnungen zu bezahlen, die ihnen de facto zur Verfügung stehen.

Im Kampf gegen die Energiearmut können wir uns von unseren Nachbarländern inspirieren lassen, aber wir können ausländische Lösungen nicht vollständig auf die Slowakei übertragen. Die Slowakei hat das höchste Verhältnis zwischen Energieausgaben und Einkommen in ganz Europa und die Zusammensetzung der energiearmen Bevölkerung ist völlig anders ist als in anderen europäischen Ländern. Laut D. Dokupilova ist es ein großes Problem, dass uns Informationen darüber fehlen, wer in die Kategorie der energiearmen Menschen fällt und wie groß die Bedrohung für sie ist. Ohne dieses grundlegende Wissen können wir keine wirksamen Lösungen vorbereiten oder ausländische Erfahrungen nutzen.

Nach Angaben von P. Čakovská sollte der Staat die Definition von Energiearmut auf das Verhältnis zwischen Haushaltseinkommen und Energieausgaben stützen. Gleichzeitig fügt sie hinzu, dass auch ohne die Verabschiedung einer offiziellen Definition von Energiearmut durch die zuständigen Behörden Maßnahmen zur Milderung der Auswirkungen von Energiearmut entwickelt und in die Praxis umgesetzt werden sollten. Wir haben bereits genügend Informationen über verschiedene, in der Slowakei auch sehr spezifische, gefährdete Gemeinschaften und Haushalte mit niedrigem Einkommen. Zu den systemischen und langfristigen Maßnahmen gehören beispielsweise die Steigerung der Energieeffizienz, insbesondere für Haushalte mit geringem Einkommen, die Senkung der Verteilungspreise, die zu den höchsten in der EU gehören, die Verbesserung der Energiekompetenz und die Entwicklung von Informationsstrategien.

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