15.06.2023

Online-Diskussion: Der Krieg in der Ukraine ist eine ökologische Katastrophe

Die Zerstörung des Kachowka-Staudamms und seine Folgen werden von Beobachter:innen als Ökozid angesehen, absichtlich ausgelöste Umweltkatastrophe. Der Präsident Selenskyj betrachtet sie als eine Umweltbombe der Massenvernichtung. Michal Wiezik, Umweltschützer und MdEP, diskutierte mit Eva Mihočková, Chefredakteurin des Portals zahranicnapolitika.sk, über das Ausmaß dieser ökologischen Katastrophe für das Ökosystem und die Ukraine.

Die Zerstörung des Kachowka-Staudamms ist nur Spitze der enormen ökologischen Schaden, die der Krieg in der Ukraine mit sich bringt. Große Schutzgebiete und wertvolle Feuchtgebiete wurden von den Kämpfen betroffen. Das Land ist von toxischer Umweltverschmuzung, Dürre und brutaler Abholzung bedroht. Ein besonderes Risiko stellen stillgelegte Minen und Atomkraftwerken in den Händen der russischen Besatzer dar. Die ökologischen Folgen des Krieges wirken sich bereits spürbar auf dem EU-Gebiet aus.

Die Umweltauswirkungen im Fall des Kachowka-Staudamms sind zwar anders, aber das Ausmaß dieser Katastrophe ist das größte seit Tschernobyl. Das von den Überschwemmungen betroffene Gebiet (2500 km2) ist vergleichbar mit dem unbewohnbaren Gebiet um das Kernkraftwerk Tschernobyl. Die Flutwelle ist nicht das einzige Problem, denn die Wassermasse nimmt auch Minen und andere chemische Verschmutzungen mit, die ins Schwarze Meer fließen, wovon auch die Türkei, Rumäniem und Bulgarien betroffen sein werden. Durch die Zerstörung des Staudamms sind 120 - 800 Tonnen Öl ins Wasser gelangt, das sich nun im ganzen Land ausbreitet und ins Grundwasser sickert. Erst wenn die Überschwemmungen zurückgehen, werden die Folgen in vollem Umfang sichtbar sein. Es ist jedoch schon jetzt absehbar, dass viele Gebiete unbewohnbar und für die Landwirtschaft unbrauchbar sein werden, da die fruchtbarste Schicht der Schwarzerde weggeschwemmt wurde, der verbleibende Boden kontaminiert ist und große Gebiete ohne Bewässerung und Trinkwasserversorgung bleiben.

Das Kernkraftwerk Saporischschja nutzte das Wsser aus dem Kachowka-Staudamm zur Kühlung. Expert:innen versichern, dass das Kraftwerk derzeit nicht unmittelbar von einem Unfall bedroht ist, es kann sein eigenes Becken zur Kühlung nutzen, dessen Volumen jedoch für 6 Monate ausreicht. Da das Kernkraftwerk Saporoschje, wie auch das Kachowka-Staudamm von den Russen besetzt ist, kann ein sicherer Betrieb nicht gewährleistet werden. Infolge der Besetzung und der Bombardierung von Kraftwerken und Verteilungsnetzen begannen die Ukrainer:innen begonnen, solarmodule zu verwenden. Wie M. Wiezik betonte, ist die sicherste Energiequelle lokal un erneuerbar. Für die Ukrainer:innen stellt die Solarenergie ein sicheres Netzwerk der autonomen Energieerzeugung dar, das den Betrieb kritischer Infrastrukturen wie Krankenhäuser, Behörden, Regierung aber auch Haushalten sichern.

Ein weiteres Problem sind die stillgelegten Minen im besetzten Gebiet, die aufgrund der Umstände nicht konserviert wurden, und dadurch giftige Stoffe in das Grundwasser sickern und sowohl das Trinkwasser als auch das Oberflächenwasser bedrohen. Darüber hinaus sammeln sich in den Minen Gase an, die Erschütterungen und Explosionen verursachen. Dies ist eine ökologische Zeitbombe, die nicht gelöst werden kann, bis Frieden herrscht.

Die ukrainische Natur wird mindestens 15 Jahre brauchen, um sich von den Folgen des Krieges zu erholen, wobei einige der Folgen könnten irreversibel sein. Auch die größten geschützten Steppengebiete im Dnjeprdelta, die unter dem Schutz der UNESCO stehen und anderswo in Agrarland umgewandelt wurden, sind bedroht.

Die ganze Diskussion auf Slowakisch finden Sie HIER

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