Die dritte in einer Reihe von OZ KOVO-Konferenzen im Rahmen der zweijährigen Kampagne „Für höhere Löhne“ fand am 25. Oktober an der Universität von Žilina statt. Neun Dozent_innen und mehr als 50 Teilnehmer_innen diskutierten nicht nur über die Grundfrage, ob die Slowakei jetzt ein höheres Lohnwachstum aufweist und ob das Lohnniveau in der Slowakei als fair bezeichnet werden kann. Ziel der Organisator_innen von OZ KOVO, der Universität Žilina und der Vertretung der Friedrich-Ebert-Stiftung in der Slowakischen Republik war es, durch die Einladung von Diskussionsteilnehmer_innen aus verschiedenen Bereichen unterschiedliche sowie widersprüchliche Ansichten zum Thema Löhne zu vertreten, aber insbesondere auch eine rein gewerkschaftliche Sichtweise in die Diskussion einbringen.
Bei der Eröffnung der Konferenz ging der Theologe und Priester M. Uháľ die Lohnfrage aus der Perspektive der kirchlichen Soziallehre an. In seiner Einleitung betonte er, dass die kirchliche Soziallehre keineswegs nur Nächstenliebe bedeutet, sondern die universellen Prinzipien eines fairen Funktionierens der Gesellschaft, einschließlich der Frage der ökologischen Nachhaltigkeit miteinschließt.
D. Hrašková vom Wirtschaftsinstitut der Universität Žilina stellte die Frage nach der slowakischen Lohnhöhe im Kontext der globalisierten Wirtschaft sowie des regionalen Rahmens, in dem die slowakische Wirtschaft tätig ist. Unter anderem wurde auf die aktuelle Prognose des Weltwirtschaftsforums hingewiesen, wonach bis 2022 zwar 75 Millionen aktuelle Arbeitsplätze verschwinden, aber auch 133 Millionen neugeschaffen werden. Aus der Sicht der Slowakei als hochindustrialisiertem Land ist die Reform des Bildungssystems mit dem Schwerpunkt auf einer grundlegenden Stärkung der dualen Ausbildung für die Bewältigung dieses Wandels von entscheidender Bedeutung.
Der Gründer der Bürgervereinigung Arbeitende Armut, M. Kuruc zeigte am Beispiel der Geschichte über einen jungen Innovator, dessen Erfindung die Ozeane viel schneller als erwartet von Plastik befreit und gleichzeitig wirtschaftliche Vorteile bringt, dass die Notwendigkeit einer grundlegenden Änderung im Hinblick auf die Wachstumsannahmen der Wirtschaft besteht. Das traditionelle neoliberale Konzept der Wirtschaft, wonach die Quelle des Wachstums in erster Linie die Konzentration der Ressourcen unter den Kapitalgebern ist, die die Innovation finanzieren, findet hierbei keine Anwendung mehr. Umgekehrt ist eine nachhaltige und effizientere Wachstumsquelle eine ausreichende Entlohnung der Arbeitnehmer, die durch die Deckung der Grundbedürfnisse mit angemessenem Entgelt in der Lage sind, ihr Potenzial, ihre Vorstellungskraft und ihre Kreativität in Richtung Innovation zu entfalten und zu entfalten, um weiteres Wachstum zu generieren.
Jozef Balica, Mitglied des OZ KOVO Präsidiums, wies in der Diskussion darauf hin, dass die Haushalte in der Slowakei etwa 80% ihres Gesamteinkommens nur für den täglichen Bedarf ausgeben, was im Vergleich zu anderen Ländern einen zu hohen Anteil darstellt. Balica erinnerte auch an die Ergebnisse der Werteforschung, wonach der Spitzenplatz der Werteskala der Slowak_innen Familie und Arbeit ist, wo für die Menschen ein angemessenes Gehalt das Wichtigste ist. J. Balica sieht die Ursache für niedrige Löhne auch in der Tatsache, dass die Arbeitnehmer_innen nicht den Gewerkschaften beitreten, und somit nicht auf den Arbeitgeber drängen und höhere Löhne fordern. Der stellvertretende Vorsitzende von OZ KOVO stellte im Rahmen seiner Ausführungen auch eine ganz grundlegende Frage: „Wie viel kostet ein anständiges Leben in der Slowakei tatsächlich?“ Eine Umfrage, die vor vier Jahren von OZ KOVO und dem Slovak Poverty Network durchgeführt wurde, zeigt, dass ein einfaches, nicht luxuriöses Leben einer vierköpfigen Familie etwa 1550 Euro pro Monat kostet. Heute beträgt der Nettomindestlohn nur 430 Euro pro Monat, und dies kann bei weitem nicht das anständige Leben einer vierköpfigen Familie sichern.
Die Professorin M. Čambáliková vom Institut für Soziologie der Slowakischen Akademie der Wissenschaften erklärte, dass niedrige Löhne im Kontext der internationalen Arbeitsteilung auch die Qualität der Arbeitsplätze und deren Wertschöpfung im Konjunkturzyklus abbilden. Wenn die Arbeitsplätze aufgrund ihrer Merkmale in die zweite (höhere) Stufe des „Niveaus“ der Arbeit fallen, ist es unzulässig, dass sie in die (niedrigere) Lohnkategorie 1 eingestuft werden. Aus diesem Grund ist es laut M. Čambáliková ein schwerwiegender Fehler, wenn die Slowakei als attraktiver Investitionsstandort aufgrund von qualifizierten und billigen Arbeitskräften sowie schwachen Gewerkschaften im Ausland präsentiert wird.
Die „andere“ Sichtweise eines Arbeitgebers zum Thema Löhne präsentierte der Manager I. Dubovan, der unter anderem darauf hinwies, dass im Zusammenhang mit dem Phänomen der internationalen Arbeitsteilung für eine internationale Firma in der Slowakei nicht ein anderes Unternehmen Konkurrenz darstellt, sondern die eigene Niederlassung in einem anderen nahe gelegenen Land. Große Vorteile des Produktionsstandortes sind unter anderem niedrige Abgaben und Steuern. Wenn die Steuer- und Abgabenbelastung in einem anderen Land, in dem der Arbeitgeber eine Niederlassung hat, verringert wird, erhält diese Niederlassung einen erheblichen Vorteil und die Niederlassung in der Slowakei wird weniger wettbewerbsfähig, was in vielen Fällen zu Entlassungen führen kann. Herr Dubovan betonte, dass die Höhe der Löhne nicht nur von der Bereitschaft des Arbeitgebers Gewinne mit den Arbeitnehmern zu teilen, abhänge, sondern auch andere Faktoren eine wichtige Rolle bei der Lohnfestsetzung spielen.
Dank der regen Beteiligung an der Debatte und der anregenden Diskussion von Expert_innen aus verschiedenen Bereichen bot die Konferenz innerhalb von zwei Panels eine Reihe unterschiedlicher Ansichten zum Thema Lohnniveau in der Slowakei.
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