Wednesday, 21.03.2018 - Bratislava

(Un)leistbares Wohnen – ein soziales und ökonomisches Problem

Der Mangel an günstigen Mietwohnungen in der Slowakei bringt derzeit junge und einkommensschwache Menschen in finanzielle Schwierigkeiten und zwingt sie zu überdurchschnittlich hohen Ausgaben in diesem Bereich. In der Slowakei leben im europäischen Vergleich äußerst wenige Menschen in Mietwohnungen. Der Anteil der Bewohner_innen von Eigentumswohnungen beträgt 78 Prozent. Das ist auch einer der Gründe, weshalb über 70 Prozent der 18- bis 34-Jährigen noch im Elternhaus wohnen, mehr als überall sonst in der EU. Die Aufnahme einer Hypothek ist für viele, vor allem junge Menschen, das Mittel der Wahl, um eine Wohnung zu erwerben, allerdings nicht für alle leistbar.

Am 21. März fand das erste Treffen unserer Veranstaltungsreihe zum Thema leistbares und erschwingliches Wohnen statt. Im Rahmen eines einführenden runden Tischs definierten Vertreter der staatlichen, kommunalen, unternehmerischen und akademischen Sphäre mit Expert_innen aus Österreich und Tschechien die Ursachen und Problembereiche, aufgrund derer in der Slowakei sehr wenige öffentlich geförderte Mietwohnungen gebaut werden, sowie mögliche Lösungen dieser Situation.

Zunächst nahm der Fachgarant dieses Projektes und ehemalige Oberbürgermeister der Hauptstadt Bratislava Milan Ftáčnik eine Situationsaufnahme vor und bot einen sachkundigen Einblick in die derzeitigen Verhältnisse der slowakischen Wohnpolitik. Anschließend stellte Kurt Puchinger, der ehemalige Planungsdirektor der Stadt Wien, Werkzeuge des öffentlichen Wohnbaus in der österreichischen Hauptstadt vor, wobei er betonte, dass die Gewährleistung von Wohnmöglichkeiten in Wien als Obliegenheit der Gemeinde aufgefasst und nicht dem Markt überlassen wird. Daraus resultiert die hohe Zahl von Gemeindewohnungen, die die Stadt anbietet. Besonderen Nachdruck legt der Wiener Wohnbau auf ökologische und soziale Nachhaltigkeit sowie gezielte Abstimmung auf Paare, Jungfamilien und sozial Bedürftige. Linda Sokačová vom tschechischen Arbeits- und Sozialministerium präsentierte ein bereits vorbereitetes Gesetz für sozialen Wohnbau, das dem Abgeordnetenhaus erneut vorgelegt werden wird. Das Ziel dieses Gesetzes ist es, den unangemessen hohen Anteil der Wohnkosten am Einkommen gewisser Bevölkerungsgruppen zu senken. Dies betrifft etwa Senior_innen, Alleinerziehende und Arbeitslose.

In der folgenden Diskussion tauschten sich die Zuständigen der Städte und Gemeinden und Vertreter_innen des Ministeriums für Verkehr- und Bauwesen, des Nationalen Fonds für Wohnentwicklung sowie des Finanzsektors über den aktuellen Zustand des Wohnbaus in der Slowakei und mögliche Schritte hin zu einer höheren Anzahl finanziell erschwinglicher Mietwohnungen aus.

In den nächsten Wochen folgen ein Besuch der österreichischen Stadt St. Pölten und weitere Sitzungen von Expertengruppen, mit dem Ziel, legislative und administrative Veränderungen in der slowakischem Bau- und Wohnpolitik zur Sprache zu bringen, damit diese die Nachfrage nach erschwinglichen Wohnungen in einem größeren Maße auch für Menschen mit unterdurchschnittlichem Einkommen stillen kann.

Veranstaltungspartner: Karl Renner Institut

Veranstaltungsort: Hotel Mercure

Kontaktperson: Robert Žanony

Friedrich-Ebert-Stiftung
Vertretung in der Slowakischen Republik

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